Dr. Haubitz: vom Käfer zum Maybach
Zeitungsartikel aus dem Solinger Tageblatt vom 01.04.2006
Aufderhöher Spezialist für Kunststoff-Spritzguss feiert heute das 50-jährige Bestehen. Das erste Autoteil war 1959 eine Vase fürs Armaturenbrett des Volkswagens. (flm) Sie laufen rund um die Uhr, werden erst samstagsmittags zum Reinigen und Warten gestoppt. Aber heute bleiben die Spritzgussmaschinen in Betrieb: Der Automobilzulieferer Dr. Haubitz zeigt seinen Geschäftsfreunden - und den Nachbarn - wie an der Scheffelstraße gearbeitet wird. Denn davon bekommen die Bewohner der umliegenden Häuser weniger mit, als bei einem 140-Mitarbeiter-Unternehmen zu erwarten wäre: Durch mehrere Neubauten produziert Dr. Haubitz wie in einer rundum geschlossenen Burg. Der jüngste Hallenneubau wurde im Dezember 2005 in Auftrag gegeben und schließt jetzt die Front zur Wiefeldicker Straße. Nur die Verklinkerung, ebenfalls ein Zugeständnis an die Nachbarschaft, fehlt noch. Werner Schirmer (62), einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter: "Damit bekommen wir ein harmonisches Bild im Wohngebiet." Dabei hat der Produktionsort Tradition, wuchsen eher die Wohnhäuser in den letzten Jahren immer näher ans Werk heran. Früher fertigte Karl Wieden hier Feuerzeuge. Während das alteingessene Unternehmen versäumte, früh auf die Konkurrenz durch Einwegfeuerzeuge zu reagieren und Insolvenz anmelden musste, wuchs die 1956 von Dr. Joachim Haubitz gegründete Firma Jahr für Jahr. 1959 zog man von Wiescheid zur Becher Mühle nach Wald, 1965 von dort zur Alemannenstraße in Aufderhöhe. Gegen Ende der 70er Jahre wurden erstmals freie Räume von Karl Wieden genutzt. 1979, nach einem verheerenden Brand an der Alemannenstraße, verlegte Dr. Haubitz die gesamte Produktion zur Scheffelstraße. Der Erwerb der Immobilie ließ nach Querelen mit der Stadt aber bis 1997 auf sich warten, drei Jahre nach dem Tod von Dr. Joachim Haubitz. Seine Frau Anneliese schied Ende 2000 aus dem Unternehmen aus. Die Linie wird durch den zweiten geschäftsführenden Gesellschafter Hans Schultes fortgesetzt. Das operative Geschäft liegt in den Händen von Werner Schirmer, der 1985 Geschäftsführer und 1986 Teilhaber wurde, sowie seiner Tochter Ilona Schirmer-Zinßer (37). Rund sechs Millionen Euro investierte das Unternehmen, das zirka 20 Millionen Euro umsetzt, in den letzten vier Jahren in Maschinen und Hallen. Auf dem etwa 13 000 m² großen Gelände sind inzwischen 7500 m² umbaut. "Durch Automatisation kann man den Standort Deutschland und die Arbeitsplätze halten", sagt Schirmer. "2005 war ein zufriedenstellendes Jahr. 2006 erwarten wir das gleiche Ergebnis." Seit 1959 beliefert Dr. Haubitz die großen Automobilhersteller: Die erste Kunststoffvase für den VW Käfer wurde in Solingen hergestellt. Die Palette reicht zurzeit von einfachen Teilen, die nach China geliefert werden, bis zu 120 Komponenten für den Luxuswagen Maybach. Größter Kunde ist DaimlerChrysler. Das teuerste Werkzeug für die Spritzguss-Maschinen kostet 250 000 Euro; 90 000 Euro sind es im Schnitt. "Vier Jahre, bevor ein Fahrzeug auf den Markt kommt, sind wir involviert", beschreibt Schirmer das Rundum-Angebot von Entwicklung, Werkzeug-Prototypen- und -Serienbau bis zur Fertigung. "Im Moment haben wir allerdings entwicklungsmäßig weniger, aber produktiv viel zu tun." Rund 2500 Tonnen Thermoplaste werden jährlich in Aufderhöhe verarbeitet. Zirka 45 Prozent des Umsatzes entfallen auf Sitzabdeckungen und Armlehnen, aber eigentlich, so Werner Schirmer, produziere man alle Kunststoffteile vom Heck bis zur Front: "alles, was dazwischen aus Kunststoff ist, innen wie außen, unbehandelt, verchromt oder lackiert." Davon können sich heute die Besucher überzeugen. "Alle, die kommen wollen, können kommen", lädt Schirmer zum Fest mit Band, Clown, kleiner Eisenbahn und Karussell ein. Dass Dr. Haubitz feiern kann, bewies man bereits vor zwei Jahren bei einem Tag der offenen Tür. Zur Einweihung einer neuen Halle kamen damals rund 700 Besucher. Auch heute sollen die Einnahmen für Essen und Trinken der Kinderkrebsklinik zugute kommen.

Die Lenker des Unternehmens: Werner Schirmer mit Tochter Ilona an einer Wand, die einige der über 100 Teile für die A-Klasse von Mercedes zeigt. Fotos: Uli Preuss